Welche Airline ist mein Schuldner?

Fluggastrechte: Welche Airline schuldet mir Entschädigung, Erstattung und sonstige Leistungen?

Kommt es zu Unregelmäßigkeiten im Rahmen einer Flugreise, ergeben sich aus der VO 261/2004/EG (Fluggastrechteverordnung) Ansprüche unter anderem auf Entschädigung, Erstattung des Ticketpreises und sonstige Leistungen (Verpflegung, Hotelübernachtung, Transfer). Aber: Welche Airline schuldet diese Leistung? Das ist – auch durch die Rechtsprechung des EuGH – leider sehr unübersichtlich geworden.

Nicht: Nicht-EU-Airline mit Start außerhalb der EU

Es haftet kein Luftfahrtunternehmen mit Sitz außerhalb Gemeinschaft für einen Flug, der außerhalb der Gemeinschaft startet.

Beispiel: Auf einem Flug von New York nach Frankfurt mit United Airlines haftet United Airlines nicht nach der Fluggastrechteverordnung, auf dem Rückflug aber sehr wohl.

Gerade bei Flügen mit US-Berührung kann aber eine Beschwerde beim DOT Wunder wirken.

Nicht: Die das Ticket ausstellende Airline

Wer das Ticket ausstellt, ist für die EU-Fluggastrechteverordnung irrelevant. Hieraus könnte sich je nach Fall zwar ein Anspruch auf Erstattung nach nationalem Recht ergeben, die in den meisten Fällen aber viel schlagkräftigere Vorgehensweise ergibt sich nun mal aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

Beispiel: Sie buchen auf lufthansa.com einen Flug mit Eurowings. In diesem Fall ist nur Eurowings Schuldner nach der Fluggastrechteverordnung.

Mehrere Airlines auf einem Ticket, Störung außerhalb der EU

Tritt bei einem einheitlichen aus mehreren Segmenten zusammengesetzten Flug mit mehreren Airlines die Unregelmäßigkeit erst außerhalb der EU mit einem non-EU-Carrier auf, so hat der EuGH passagierfreundlich für den Entschädigungsanspruch entschieden, dass (auch?) das den ersten Flug ausführende Luftfahrtunternehmen auf die Entschädigung haftet (s. EuGH Urt. v. 11.07.2019 C-502/18, CS ./. České aerolinie a.s.).

Beispiel: Ein Flug mit Czech Airlines von Prag nach Abu Dhabi und ein Weiterflug auf gleichem Ticket von Abu Dhabi nach Bangkok. Der Flug Abu Dhabi-Bangkok erreicht sein Ziel relevant verspätet. In diesem Fall sah der EuGH Czech Airlines als Schuldner an“

Nicht: Ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der VO 2111/2005 (Wet-Lease)

Entscheidend ist, wer das ausführende Luftfahrtunternehmen ist. Manche Luftfahrtunternehmen informieren sogar ausdrücklich über diesen Umstand:

Besonders haarig wird es aber an genau dieser Stelle, typischerweise bei Lufthansa und Lufthansa Cityline, aber auch bei anderen Airlines. Zwar wird auf den Buchungsunterlagen explizit Lufthansa Cityline als ausführendes Luftfahrtunternehmen angegeben, der Begriff ist aber, so der EuGH, anders auszulegen, da die Information aufgrund einer Informationspflicht der VO 2111/2005 in der Buchungsbestätigung angegeben war. Diese Verordnung will den Passagier zum Beispiel darüber informieren, welches Unternehmen seinen Flug tatsächlich betreibt, um sich über Sicherheitsstandards informieren zu können.

Für die Fluggastrechteverordnung sei, so der EuGH, jedoch entscheidend, wer die operationelle Verantwortung ausübe (s. EuGH Urt. v. 04.07.2017, C-532/17, Wirth u.a. / Thomson Airways). Im Wet-Lease Verfahren ist das in der Regel der Auftraggeber, bei derzeit wohl allen Lufthansa Cityline-Flügen ist das aufgrund eines ACMI-Vertrages die Deutsche Lufthansa AG.

Fazit: Genau prüfen

Schon bei der Frage, welche Airline aufgefordert wird, eine Zahlung zu leisten, eine Umbuchung vorzunehmen oder ein Hotel zu stellen (Musterschreiben hier zum kostenfreien Download) ist Aufmerksamkeit erforderlich. Im Zweifel hilft es, schlicht alle Airlines zur Sicherheit aufzufordern und darauf hinzuweisen, dass für den Passagier der Schuldner unklar ist. Eine falsche Airline zu verklagen, führt dazu, die Kosten des Rechtsstreits tragen zu müssen, eine sorgfältige juristische Prüfung sollte dem Vorausgehen und sorgt für Sicherheit.

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